Das Geisterschiff.

Seit vier Tagen liegt der Schüttgutfrachter El Condor Pas, registriert in Panama, nahezu bewegungslos mitten in der Bosporus-Fahrrinne vor meinem Fenster, je nach Strömung stabilisiert von zwei, manchmal drei Schleppern, damit er den Verkehr nicht noch stärker gefährdet. Ich erinnere mich, wie das Schiff aus Istanbul kam, aber wenn sich nicht ein Schnellboot der Küstenwache mit Höchstgeschwindigkeit genähert und es geradezu dramatisch umkreist hätte, wäre es mir nicht aufgefallen. Seitdem bewegt es sich nicht mehr. Erst dachte ich, es hat vielleicht einen Motorschaden oder ist aus einem anderen Grund manövrierunfähig, aber dann hätten die Schlepper es längst aus dem Weg schaffen können – sie bewegen ganze Bohrinseln und zwanzigstöckige Kreuzfahrer.

Gestern fiel mir das Lied „Wir lagen vor Madagaskar/und hatten die Pest an Bord...“ wieder ein. Ich weiß nicht, wie weit der Wind Bakterien oder Viren transportieren kann, ohne dass sie zerstört werden, fest steht, dass ein starker Luftstrom aus dem Schwarzen Meer unablässig quer durch meine Wohnung zieht, gerade auch nachts. Zum Glück habe ich etwa im Alter von achtundzwanzig Jahren endgültig mit der Hypochondrie gebrochen, so dass ich das leichte Unwohlsein, das ich gestern und heute Morgen beim Aufwachen verspürt habe, nicht als Beginn meines Sterbens gedeutet habe. Was aber nichts heißen muss.